Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung
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AG Diversität in Organisationen

Koordination: Prof. Dr. Susanne Ihsen & Prof. Dr. Erika Spieß

 

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Organisationen haben in modernen Gesellschaften eine Doppelfunktion: Sie organisieren sich einerseits einheitlich auf einen bestimmten Zweck, eine bestimmte Aufgabe, ein Ziel oder wenigstens auf einen Tätigkeitstypus hin; andererseits organisieren sie stets Diverses, Unterschiedliches, bisweilen sogar Disparates. Die besondere Leistung von Organisationen wie Unternehmen, Schulen, Universitäten, Kliniken, Ministerien, Kirchen etc. mit ihren unterschiedlichen Leistungs- und Publikumsrollen lässt den Umgang mit Diversität gewissermaßen implizit und naturwüchsig anfallen, macht aber zugleich in Form von Führung und explizitem Diversity-Management diese Diversität zum expliziten Gegenstand von organisatorischer Praxis. Die hier zu verhandelnde Arbeitsgruppe nimmt Diversität und Heterogenität in Organisationen in unterschiedlichen Dimensionen in den Blick, nämlich im Hinblick auf (1) Führung in von Diversität geprägten Settings (wie Geschlecht, Alter, Behinderung, soziale Ungleichheit, Leistungsvermögen/-bereitschaft etc.), (2) kulturelle Diversität (Kultur, Migration, Interkulturalität etc.) und (3) funktionale Differenzierung (Fachkulturen, Arbeitsteilung, Multiprofessionalität etc.). Diese Dimensionen werden fachübergreifend aus unterschiedlichen disziplinären (Psychologie, Ethnologie, Soziologie, Pädagogik, interkulturelle Kommunikation) und methodischen (quantitativen, qualitativen) Perspektiven untersucht.

 

1. Führung

Unter Bezugnahme auf implizite Führungstheorien sollen deren Prägung durch verschiedene gesellschafts- und organisationskulturelle Hintergründe sowie Positionen und Funktionen untersucht werden (Brodbeck, Chhokar & House, 2007; Chhokar, Brodbeck, & House, 2007). Ebenso interessieren exemplarische Anpassungsprozesse und mögliche Strategien ihrer Bewältigung an Beispielen von Einflussfaktoren auf die interkulturelle Anpassung von Expatriates, Arbeitsmigranten und Sozialisationsprozesse in Unternehmen (Ward, 1996).

Unter welchen Bedingungen innerhalb eines Unternehmens Diversität, Kreativität und Innovationen gefördert werden und wann Diversität als hinderlich erlebt wird, ist eine Fragestellung, die hier unmittelbar anschließt. Hierbei soll das Prinzipienmodell der Führung sowie der Gedanke der Center of Excellence Kulturen (Frey, Peus & Jonas, 2004) Ausgangspunkt sein. Diversität und deren Auswirkung wird sowohl auf der individuellen Ebene (unterschiedliche Persönlichkeitstypen) als auch auf der Teamebene (homogene und heterogene Teams) bis hin zur Ebene der gesamten Unternehmenskultur analysiert.

Auch die Leistungsbeurteilung in der Organisations-Steuerung als Führungs- und Steuerungs¬instrument soll empirisch zur Definition und Messung von Leistung in Forschung und Lehre unter dem Gesichtspunkt von Diversity und Chancengleichheit untersucht werden (Rothe, Erbe u.a., 2008; Schacherl, Schaffer, Dinges, Polt 2007).

 

2. Kultur

Die bislang verstärkt theoretisch geführten Debatten zu den Themen Management kultureller Diversität und Kosmopolitismus (Binne, 2006; Moosmüller, 2007) sollen aus empirischer Perspektive neu betrachtet werden. Im Mittelpunkt der konzipierten Untersuchung steht die Konzeptualisierung von und der konkrete Umgang mit kultureller Diversität in der Alltagspraxis in Organisation und Gemeinwesen. Es ist geplant, sowohl privilegierte als auch nicht-privilegierte Migrantengruppen in den Blick zu nehmen (Dürr, 2004).

Ferner sind interkulturelle Beziehungen unter Auszubildenden im europäischen Vergleich noch wenig untersucht worden. Anknüpfend an bereits entwickelte quantitative Online-Erhebungs¬instrumente sollen die interkulturellen Beziehungen unter Jugendlichen im Kontext von Ausbildungsbetrieb bzw. –institution in vier europäischen Ländern (BRD, UK, Finnland, Österreich) untersucht werden (Bednarz-Braun & Bischoff, 2006). Ebenso soll die Umsetzung der Programmatik von interkultureller Öffnung im Bereich der verbandlichen Jugendarbeit durch dort engagierte Projektdurchführende sowie die Mitgestaltungsmöglichkeiten von Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft, die die Angebote der Jugendverbandsarbeit nutzen, analysiert werden.

 

3. Funktionale Differenzierung

In der soziologischen Gesellschaftstheorie gehören differenzierungstheoretische Ansätze inzwischen zum Inventar, . Die Funktion von Organisationen innerhalb der differenzierten Gesellschaftsstruktur freilich gehört zu den entscheidenden Desiderata (vgl. Nassehi 2002; 2005), zumal sich die meisten sowohl funktionalen als auch sozialen Heterogenitäten v.a. in Organisationen abspielen und dort intentional bearbeitet werden. Organisationen selbst sind insofern als Diversity-Agenturen zu betrachten: Hauptziel dieses Schwerpunktes ist eine empirische Rekonstruktion des Umgangs von und in Organisationen mit Diversity im weitesten Sinne. Dabei soll die praktische Entfaltung und Bewältigung, aber auch die Herstellung und der strategische Einsatz von v.a. funktionaler Diversität anhand dreier Organisationstypen, nämlich Universitäten (vgl. Ihsen 2008), Unternehmen (vgl. Bhawuk et al. 2001), Kliniken (vgl. Nassehi et al. 2008; Nassehi 2006; 2007) erforscht werden. Dabei werden sowohl Querschnittsperspektiven in den Blick genommen (Hierarchie, Geschlechterver¬teilungen, kulturelle Differenzen/Multikulturalität, Arbeitsteilung) als auch je typische Diversitäts¬formen (Fachkulturen in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen und ihre Auswirkungen auf Professionen und Organisationen – Hochschulen und Unternehmen -, professionelle Stile in Kliniken, Diversität von Aufgaben/Abteilungen in Unternehmen) diskutiert (vgl. Brandt u.a. 1998, Ihsen u.a. 2003, Ihsen u.a. 2006).

 

Zentrale Fragestellungen, theoretische Bezüge und methodische Ansätze

Zentrale Fragestellungen zu allen drei Dimensionen sozialer Heterogentität beziehen sich darauf, unter welchen strukturellen, sozialen und personalen Bedingungen Diversitypotenziale genutzt und Kreativität sowie Innovation in Organisationen vorangetrieben werden können (vgl. Ihsen 2006). Insbesondere geht es um die Gestaltung entsprechender Veränderungsprozesse in Organisationen und deren strukturelle und kulturelle Methoden und Agenden (wie Führung, Anpassung, Beratung und Gestaltung).  Hierbei wird zunächst mit Blick auf die genannten drei Dimensionen an je spezifische, teilweise deutlich disziplinär geprägte theoretische Bezugspunkte angeknüpft, um deren Integrationsfähigkeit zu prüfen. Im einzelnen zu nennen sind implizite Führungstheorien (Chhokar, Brodbeck & House, 2007), Theorien der Akkulturation (Ward, 1996) und des  Managements kultu¬reller Diversität und Kosmopolitismus (Binne, 2006), das Prinzipienmodell der Führung (Frey, Peus & Jonas, 2004), Theorien zu Kreativität und Innovation (Snitslaar-Bram, 2007), Gender¬forschung, Organisationstheorien, Theorien zur sozialen Konstruktion von Geschlecht und Ethnie sowie Theorien gesellschaftlicher Differenzierung und ihrer organisationssoziologischer Konsequenzen (Nassehi, 2002; 2004, Ihsen 2007).

Um den Umgang mit Heterogenität sowohl auf der Makroebene juristischer Vorgaben und kultureller Rahmenbedingungen, auf der Meso-Ebene einzelner Institutionen und Organisationen, im Mikrobereich sozialer Interaktionen und auch auf der Ebene subjektiver Wahrnehmungen und Inter¬pretationen untersuchen zu können, wird ein multimethodaler Zugang gewählt, d.h. es werden Experimente, ethnographisch orientierte Studien, qualitative und quantitative Befragungen,  Feldforschung und Beobachtungen durchgeführt, um der Komplexität des Themas und der unterschiedlichen Organisationstypen gerecht zu werden.

 

Kooperationspartner/innen:

Prof. Dr. Baecker, Zeppelin-Univ., Friedrichshafen

Prof. Dr. Veronika Brandstätter (Universität Zürich)

CCL (Center for Creative Leadership, USA).

Prof. Dr. Eva Jonas (Universität Salzburg)

Prof. T. Kühlmann, Uni Bayreuth

Dr. Podsiadlowski, WU-Wien

Dr. Ruderman, CCL, USA

Dr. Ingrid Schacherl, Joanneum Research, Wien

Prof. Ward, University of Wellington, Neuseeland

Prof. Dr. Wimmer, Witten-Herdecke/Wien

 

Kooperationspartner für Praxisimplementierung:

AUDI Ingolstadt , Herr Klein, „Arbeitgeberattraktivität im Sozialisationsverlauf von neuen Mitarbeitern“, laufendes Projekt.

Dr. Margret Spohn und Franziska Szoldatits (Stelle für interkulturelle Arbeit, Sozialreferat der LH München) (zugesagt)

anakonde GbR: Analysen und Konzepte zu Migration, Integration, Community Development/Evaluation (zugesagt)