Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung
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AG Innovationstransfer

Koordination: Prof. Dr. Joachim Kahlert & Prof. Dr. Rita Rosner

 

Die Liste der Mitglieder der Arbeitsgruppe finden Sie hier.

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Die Literaturliste steht Ihnen hier als pdf-doc zur Verfügung.


International wächst in einer Reihe von Bereichen der Psychologie und der Erziehungswissenschaft (wie auch in anderen Disziplinen) die Aufmerksamkeit für Probleme des Transfers von Forschungs¬befunden in Praxisfelder (Badley 2003; Cady & Valentine 1999, Kahlert 2007, Neuner 2008, Terhart 2003, Zayfert et al, 2006). Mangelnder Transfer wissenschaftlicher Befunde in berufliche Handlungsfelder führt zu hohen sozialen, individuellen und unternehmerischen Kosten. Die wissen¬schaftlich herausfordernde Problemstellung ist für die damit konfrontierten Disziplinen ähnlich: Forschung liefert Erkenntnisfortschritte, die es in ausgewählten gesellschaftlichen Handlungsfeldern ermöglichen würde, die Chancen von Diversifikationsprozessen besser zu nutzen und deren Risiken zu verringern. Allerdings ist die Resonanzfähigkeit wissenschaftlich erarbeiteten und geprüften Wissens im Bildungsbereich (wie auch in anderen institutionell markierbaren Handlungsfeldern), im Bereich Psychotherapie (hier speziell Behandlung von Psychotrauma) und im Bereich Sozial¬psychologie (Förderung von Zivilcourage in Betrieben) gering. Bisherige Modelle der „Transfer¬forschung“ bzw. der „Verwertungsforschung“ bieten dafür nur unbefriedigende Erklärungen an. Sie operieren zumeist mit einer theoretisch problematischen „Theorie-Praxis-Differenz“, die der Vielfalt förderlicher und hinderlicher Bedingungen für die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Handlungsfeldern nicht hinreichend gerecht wird. Um die Heterogenität von Resonanzbedingungen für wissenschaftsbasierte Innovationen in Handlungsfeldern zu erfassen, müssen arbeitsumfeld-orientierte und subjektzentrierte Analysen miteinander verbunden werden. Der Schwerpunktbereich bietet dafür eine international einmalige Voraussetzung, weil hinderliche und förderliche Beding¬ungen des Innovationstransfers vergleichend für verschiedene gesellschaftliche Handlungsfelder (Schule, Erwachsenenbildung, Unternehmen, Behörden, klinische Intervention) untersucht werden.

Im Hinblick auf die hier zentral verfolgte Thematik des Umgangs mit Heterogenität stehen zwei Problemkomplexe im Vordergrund: (1) Transferhindernisse in der Vermittlung von Managing-Diversity-Kompetenzen sowie (2) Transferhindernisse, die – unabhängig vom spezifischen Themenbereich der zu vermittelnden Forschungserträge – aus divergierenden Perspektiven, Dispositionen und Handlungsbedingungen von „Anbieter“ und „Kunde“ , mithin der sozialen Heterogenität zwischen den Akteuren in Forschung und Praxis entstehen. Dabei werden folgende Fragestellungen angesprochen: Was hindert Akteure in anspruchsvollen beruflichen Handlungs¬feldern (Schule, Erwachsenenbildung, Psychotherapie, Personalwesen) daran, wissenschaftsbasierte Empfehlungen zum Umgang mit Heterogenität in Bildungseinrichtungen und Unternehmen anzu¬nehmen oder gar umzusetzen? Wie müssen wissenschaftliche Erkenntnisse kommuniziert werden, damit Erkenntnisse im Handeln ihren Niederschlag finden (und so zu Professionalisierungsgewinnen in Handlungsfeldern zu führen)?

Die Forschungsinitiativen im Rahmen dieser Arbeitsgruppe nehmen Bezug auf unterschiedliche Theorien, die zumindest teilweise gut integrierbar sind und in diesem Sinne vergleichend gegenüber gestellt werden sollen:

Rational Choice Theory hebt hervor, dass die Kosten einer Innovation gegen den (subjektiven) Nutzen abgewogen werden. Beispiele für solche potentiellen Kosten sind:

  • im Therapiebereich: befürchtete Verschlechterung im Befinden der Patienten, besserer Personalschlüssel für Intervention
  • im Schulbereich: Abweichung von gewohnten Unterrichtsmethoden, Entwertung erfahrungsbasierten Handlungswissens (Heran-Dörr u.a. 2007; Kahlert 2008).
  • im Bereich Erwachsenenbildung: Umstellung auf neue Methoden
  • im Unternehmensbereich: Autoritätsverlust, Kompetenzverlust (Snitslaar 2007).

 

Die Selbstwert-Schutz-Theorie verweist auf Verunsicherungen im gewohnten Handeln, die durch neue Erkenntnisse ausgelöst werden, so dass Widerstände gegen diese Erkenntnisse auftreten (Frey u.a. 2001; Frey u.a. 2006).

Das Konzept des Rational Thinking Style geht davon aus, dass die Komplexität der Handlungsver¬flechtungen von Akteuren im Beruf eine andere Handlungsrationalität generiert als die Rationalität von Empfehlungen/Schlussfolgerungen, die auf der Basis komplexitätsreduzierender Forschung über das Handlungsfeld gewonnen werden. Gegebenenfalls sind dabei auch verschiedene Ebenen zu unterscheiden, auf denen sich die beruflichen Akteure bewegen, wie es beispielsweise bei Lehr¬kräften und Leitungspersonal der Fall ist (z.B. Lehrkräfte haben eher handlungsbezogene Erwartungen, Leiter/innen von Einrichtungen suchen argumentative Unterstützung zur Legitimation von Entscheidungen) (Utterback u.a. 2006).

Ebenfalls zu berücksichtigen sind Einflüsse der Kontextualisierung (z.B. im Therapiebereich: Patienten kränker, Personal schlechter ausgebildet; im Schulbereich: Schüler mit vielfältigen Verhal¬tensauffälligkeiten, volatile Elternerwartungen; im betrieblichen Bereich Rationalisierungs¬druck, inner¬betriebliche Konkurrenz).

 

Methodische Ansätze

Im Rahmen der geplanten Forschungsarbeiten sollen zum Einsatz kommen: Arbeitsplatzanalysen im Hinblick auf innovationsfördernde und –erschwerende Bedingungen (Job Analysis Survey, F-JAS nach Fleishman 1998; Threshold Trait Analysis System nach Lopez 1988), Fallstudien, themen¬zentrierte Interviews (Erwartungsskripte), Delphi-Befragungen von Entscheidungsträgern, videobasierte Unterrichtsanalysen, Längsschnittstudien über die Wirkung von wissenschaftsbasierten Innovationen, Evaluationsforschung (Holling & Gediga, 1999)

 

Externe Kooperationen:

a) im Forschungsbereich:

Prof. Dr. Reinhard Demuth (Leibniz-Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften IPN Kiel)

Prof. Dr. Ludwig Haag (Universität Bayreuth)

Prof. Dr. Theo Hug (Universität Innsbruck)

Prof. Dr. Gabi Reinmann (Universität Augsburg)

Prof. Dr. Veronika Brandstätter (Universität Zürich)

Prof. Dr. Bruno Frey (Universität Zürich)

Dr. Friedrich Heinemann (ZEW  Mannheim)

Prof. Dr. Martin Kocher (LMU München, Department of Economics)

Prof. Dr. Eva Jonas (Universität Salzburg)

Prof. Dr. Stefan Schulz-Hardt (Universität Göttingen)

Prof. Dr. Dagmar Stahlberg (Universität Mannheim)

Prof. Dr. Christoph , Engel (Max Planck Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn)

Prof. Dr. Andreas Helmke (Universität Landau)

Prof. Dr. Gudrun Ziegler (Luxemburg)

 

b) im Praxisbereich Bildung und Beruf:

Allianz, Audi, BMW, Daimler-Crysler, EON, ESMT, Generali, Münchner Rück

Dr. Robert Mestel (Psychosomatische Klinik Grönenbach),

Verband psychosomatischer Kliniken,

Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie,

Regierung Oberbayern, Stadt München, Staatliche Schulämter (München, München Land, Dillingen, Nürnberg Stadt, Würzburg, Augsburg Land);

ISB - Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung,

Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen,

Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann-Gruppe, VDS Bildungsmedien