Psychosoziale Versorgung von Menschen mit Taubheit/Hörbehinderung
Psychosoziale Versorgung von Menschen mit Taubheit/Hörbehinderung: Qualifizierung angehender Psycholog:innen unter Berücksichtigung der derzeitigen Praxis- und Ausbildungssituation
Menschen mit Taubheit/Hörbehinderung (THb) sind speziellen psychosozialen Belastungen ausgesetzt und weisen im Vergleich zu hörenden Menschen eine höhere Rate an psychischen Erkrankungen auf (Rostami et al., 2014; Shoham et al., 2019; Weidenfeller, 2021). Seit 2009 ist das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen mit THb in Kraft (Artikel 25, UN-Behindertenrechtskonvention).
Trotz des dargestellten Bedarfs und des rechtlichen Anspruchs ist die psychosoziale Versorgung von Menschen mit THb jedoch unzureichend. Dies ist auf einen Mangel an zielgruppenerfahrenen Fachkräften und auf eine lückenhafte Ausbildung angehender Fachkräfte zurückzuführen. Eine Maßnahme zur langfristigen Verbesserung der derzeitigen Versorgungssituation ist die zielgruppenspezifische Qualifizierung von angehenden Fachkräften.
Dieses Projekt zielt darauf ab, grundlegende Erkenntnisse zu der zielgruppenspezifischen Qualifizierung von Fachkräften in der Praxis und in der Ausbildung zu gewinnen, um daraus Implikationen für die Entwicklung und Evaluation eines Qualifizierungsangebots abzuleiten. Die übergreifende Fragestellung des Projekts lautet: Wie gestalten sich die derzeitige Praxis- und Ausbildungssituation von Fachkräften hinsichtlich der psychosozialen Versorgung von Menschen mit THb und wie können angehende Fachkräfte zielgruppenspezifisch qualifiziert werden?
Geplant ist die Durchführung von drei Arbeitspaketen:
Das erste Arbeitspaket verfolgt das Ziel, die derzeitige psychosoziale Versorgung von Menschen mit THb in Hinblick auf die zielgruppenspezifischen Kompetenzen der Fachkräfte zu untersuchen. Mittels eines partizipativ gestalteten Onlinefragebogens werden Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen und weitere psychosoziale Fachkräfte zu personen-, ausbildungs- und tätigkeitsbezogenen Aspekten sowie zu ihrem zielgruppenspezifischen Kompetenzerleben, ihrem Selbstwirksamkeitserleben und ihrer beruflichen Lebensqualität befragt.
Das zweite Arbeitspaket dient dem Ziel, die derzeitige Ausbildungssituation von Psychologiestudierenden zu erheben. Mittels eines quantitativen Onlinefragebogens werden Psychologiestudierende zu ihrer Bereitschaft zur psychosozialen Versorgung von Menschen mit THb, ihrem zielgruppenspezifischen Wissen, ihren Einstellungen und ihren persönlichen oder beruflichen Erfahrungen befragt.
Das dritte Arbeitspaket zielt darauf ab, ein universitäres Angebot für Psychologiestudierende zu konzipieren und zu evaluieren, welches sie für die psychosoziale Versorgung von Menschen mit THb sensibilisiert. Die Konzeption und Durchführung erfolgt partizipativ unter Einbindung von Expert:innen (mit THb) aus der psychosozialen Praxis. Die Evaluation des Angebots erfolgt mittels eines Prä-Post-Follow-Up Designs.