Lehrstuhl für Schulpädagogik
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5.2 Regionale und lokale Bildungslandschaften

  1. Vernetzung im lokalen Umfeld
  2. Umsetzungsziele schulischer Kooperationen
  3. Prämissen der schulischen Kooperation
  4. Akteure (außer-)schulischer Kooperation
  5. Externe Beratung / Begleitung
  6. Stolpersteine und ideales Vorgehen bei Kooperationen
  7. Literatur
  8. Internetquellen

1. Vernetzung im lokalen Umfeld

Die Bezeichnungen für die Zusammenarbeit verschiedener Akteure variieren. Oft wird von „Vernetzung“ gesprochen, von „vernetzter Schulentwicklung“ oder vom „Netzwerk“ der am Schulprozess Beteiligten (Georgi 2015, S. 217). Spätestens seit dem 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 2005 ist nicht nur eine stärkere Wahrnehmung der Bedeutung von außerschulischen Kooperationen spürbar. Er postuliert als Zielrichtung erstmals auch die Einrichtung „kommunaler Bildungslandschaften“ - ein Begriff, der heute besonders häufig zur Kennzeichnung interner und externer schulischer Kooperation verwendet wird.

Kommunale und lokale Bildungslandschaften

Nach Auffassung der Bundesregierung sollen formale und nicht-formale Bildungsangebote auf kommunaler bzw. regionaler Ebene ganzheitlich zusammengeführt werden:

„Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebote [sollten] so aufeinander abgestimmt werden …, dass sie als stabiles und verlässliches Gesamtsystem Synergieeffekte bewirken und die bestmögliche Förderung von Kindern ermöglichen können.“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005, S. 14)

Die Kinder- und Jugendstiftung spricht heute in ähnlicher Weise von „lokalen Bildungslandschaften“ (vgl. Bleckmann & Durdel, 2009). Lokale Bildungslandschaften zielen auf ein lokales, gemeinsames und koordiniertes Handeln von kommunalpolitischen (institutionalisierten) Netzwerken im Bildungsbereich ab. Diese sind langfristig und professionell angelegt und berücksichtigen in besonderem Maße die Perspektive der Lernenden, die sich durch das andauernde Zusammenspiel von formalen und informellen Lernumgebungen ergibt.

2. Umsetzungsziele schulischer Kooperationen

Für die Umsetzung schulischer Kooperationen ergeben sich konkreter gefasste Zielsetzungen. Georgi (2015, S. 219 f.) fasst die Zielsetzung in systematischer Form. Die Autorin plädiert dafür, dass

  • Lernorte formaler Bildung mit nicht-formalen verbunden werden,
  • die Vernetzung also horizontal oder auch vertikal erfolgt,
  • die Vernetzung schulintern oder extern erfolgt,
  • durch die Kontakte einzelner Netzwerkpartner/innen wieder neue Netzwerke entstehen.

Die „Leitlinien zur Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von Schule und Elternhaus“ der Stiftung Bildungspakt Bayern (2014, S. 17 f.) lesen sich hinsichtlich der Zielsetzungen erheblich konkreter. Ihnen zufolge geht es bei der Etablierung von Kooperationen v. a. um:

  • eine Vernetzung im Umfeld, damit Schule und Eltern über Bildungsangebote in ihrer Region informiert werden (z.B. Angebote von Bibliotheken, VHS, Theatern und Museen),
  • die Inanspruchnahme von Beratungs-, Bildungs- und Präventionsangeboten (z.B. von Polizei, Kirchen, Gesundheitsamt, Stadtteilmüttern etc.),
  • die Einbindung der Eltern in die Kooperationen der Schulen mit externen Organisationen und Unternehmen.

3. Prämissen der schulischen Kooperation

Bei der Anbahnung, Installation und Pflege außerschulischer Kooperationsarbeit ergeben sich bestimmte allgemeine Vorgaben und Herausforderungen. Zu diesen zählen:

  • Vielfalt der Kooperationen: Die Liste der denkbaren Akteure, mit denen Schule kooperieren könnte oder sollte, kann unter Umständen (sehr) lang ausfallen. Prinzipiell kann jede/r gesellschaftliche Akteur/in eine schulische Kooperation mitgestalten, egal, ob es sich nun um eine Einzelperson (Eltern) handelt, um eine kleine oder große Organisation oder ein Unternehmen. In Frage kommen etwa andere Schulen im In- oder Ausland, Sozial- und Jugendverbände, Kirchen, Migranten- und Sportvereine, Bildungswerke aller Arten, KMUs oder globale Unternehmen, Eltern mit spezifischen Kenntnissen und Ressourcen usw. usf. Jede Schule muss hier in Abhängigkeit eigener lokaler Vorgaben, Bedürfnisse und Möglichkeiten einen eigenen Gestaltungsweg finden - es lohnt sich aber, über den Tellerrand bereits existierender Kooperationen hinauszudenken und Partner/innen zu gewinnen, die bislang eher unberücksichtigt blieben. Die Vielfalt der Kontakte gehört zu den Erfolgskriterien von Kooperationen, denn sie bedeuten für die Schulen und insbesondere deren Schüler/innen inhaltlich erweiterte Lernmöglichkeiten (Ackeren 2008, S. 54)
  • Zielekorridor: Georgi (2015, S. 221 f.) verweist auf die Notwendigkeit, einen „Zielekorridor“ für die Beteiligten festzulegen. Dieser darf zwar zur Orientierungshilfe nicht zu offen gestaltet werden, muss aber gleichzeitig - aufgrund der manchmal sehr unterschiedlichen Bedürfnislagen - auch ein hohes Maß an Flexibilität vorweisen können.
  • Netzwerk-Strukturen (vgl. Georgi (2015, S. 222): Es liegt auf der Hand, dass Netzwerke eine (führende) Koordination benötigen (Ansprechperson), meist auch einen physischen Ort für Treffen, Netzwerkvertreter/innen, die zu den Treffen erscheinen - insgesamt müssen also Strukturen einer gewissen Institutionalisierung geschaffen werden, wodurch auch eine Infrastruktur bereitstellt und die Kommunikation organisiert werden kann.
  • Erfahrungs- und Ideenaustausch in einem Klima gegenseitiger Wertschätzung: Zentral für den Erfolg von Netzwerkarbeit ist der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen und von der Erfahrung einer win-win-Situation (Georgi 2015, S. 223), was sich v. a. durch eine Haltung gegenseitiger Wertschätzung und einen lebendigen Ideenaustausch ergibt.
  • Intensität der Kooperationen: Nach Ackeren (2008, S. 54) ist, kaum überraschend, auch die Intensität des Kontakts im Kooperationsnetzwerk von besonderer Bedeutung ist.
  • Kooperationsfähigkeit als Lernziel: Prengel (2006, S. 195) betont, dass Lehrkräfte Fähigkeiten und Fertigkeiten des Kooperierens benötigen, da es nicht immer einfach ist, mit Akteuren unterschiedlichster Art zurecht zu kommen. Es gehe z.B. darum, die eigene Konfliktfähigkeit und Selbstachtung zu stärken, die eigene Begrenztheit und Abwehrmechanismen kennenzulernen, damit eine Anerkennung Anderer möglich werde. Supervisionen zur eigenen Reflexion erscheinen ihr deswegen unabdingbar.
  • Qualitätssicherung: Zur Überprüfung von Handlungserfolgen oder zur Lokalisierung von Kooperationsproblemen erscheinen qualitätssichernde Maßnahmen sinnvoll, zu denen zuvorderst eine Dokumentation der Ergebnisse dienen dürfte (vgl. z.B. Bildungspakt Bayern 2014, S. 23; Georgi 2015, S. 223).

4. Akteure (außer-)schulischer Kooperation

Eine Liste mit besonders relevanten Kooperationsmöglichkeiten und typischen Beispielen zur möglichen Zusammenarbeit lautet wie folgt:

  • Bildungsinstitutionen: Eine Kooperation mit verschiedenen, lokalen Bildungsinstitutionen anzustreben, dürfte zu den häufigeren Kooperationsformen zählen. Ein typisches Beispiel für eine solche Initiative beschreibt Georgi (2015, S. 218 f.): Im 2008 ins Leben gerufenen Netzwerk Kulturelle Bildung unter der Federführung des Kulturamts der Stadt Freiburg i. B. treffen sich regelmäßig Vertreter/innen der Schulen mit denen von Kulturinstitutionen, Künstlergruppen, Kindertagesstätten, sonstigen Bildungseinrichtungen und -trägern und bestimmten Einzelpersonen (Künstler/innen, Kunstpädagogen/innen). Ziel ist es, Impulse für die kulturelle Bildungsarbeit zu setzen. In gewissen Abständen vernetzen sich die Mitglieder auch mit zwei anderen Netzwerken, nämlich dem Netzwerk Bildung und Migration sowie dem Netzwerk Berufliche Orientierung, wobei der Kontakt und der Austausch aller gemeinsam zur gegenseitigen Bereicherung, zur Lokalisierung von Problemen gesellschaftlich-schulischer Integration und zur Findung von möglichen Lösungen dienen soll.
  • Landesjugendringe: Im Rahmen von Kooperationen mit außerschulischen Projektpartner/innen werden die Belange und Stimmen der Schüler/innen leicht überhört. Eine der Organisationen, die sich in besonderer Weise um ihre gesellschaftliche Partizipation und Einbindung im Rahmen außerschulischer Bildungsprozesse kümmert, sind die Landesjugendringe. Sie sind in allen Bundesländern tätig und können als wichtiger Akteur in der Bildungslandschaft gelten. Informationen zu dessen vielfältigen Tätigkeiten finden sich unter ihrer gemeinsamen Webseite http://landesjugendring.de/, aber auch auf denen der jeweiligen Landesverbände (z.B. für Baden-Württemberg unter https://wiki.ljrbw.de/index.php?title=Landesjugendring-Wiki oder für Bayern unter https://www.bjr.de/).
  • Sozialpädagogen/innen und Sozialarbeiter/innen: Die Unterstützung durch professionell Tätige im Bereich der sozialen Arbeit wird aus schulischer Sicht als sehr positiv bewertet (Haag 2015, S. 84). Ihre Kenntnisse, Ressourcen und Tätigkeiten für alle außerunterrichtlichen Angelegenheiten, wie bspw. die Kontaktaufnahme zu den Familien zu nutzen, bildet einen zentralen Baustein der externen schulischen Kooperation.
  • Universitäten: Besonders wichtig dürften für die interkulturelle Schulentwicklung Kooperationen mit den (lokalen) Universitäten sein. Universitäten sind vor allem der Ort, an dem Lehrkräfte von morgen ausgebildet werden. Sigel & Kahlert (2006, S. 280 – 283) betonen die Wichtigkeit der Mitwirkung der Universitäten in einem lokalen Schulentwicklungsnetzwerk: So müssen sie Praxisbedarf und -fragen möglichst genau erfassen, um Neuerungen nachhaltig zu implementieren, wozu ein Schulkontakt zwingend notwendig ist. Auch bräuchten Lehrkräfte in der Ausbildung das Pendeln zwischen akademischer Reflexion und erster Praxiserfahrung an den Schulen (z.B. im Rahmen von Praktika). Dies habe auch den Effekt, Studierenden bereits in der ersten Lehrerbildungsphase kooperative Arbeitsstrukturen nahezubringen.
  • Fortbildungsangebote: Verschiedene Träger bieten Lehrkräften die Möglichkeit, sich für interkulturelle Schulentwicklungsprozesse fort- und weiterzubilden. Hier finden sich Angebote zur Entwicklung der eigenen interkulturellen Kompetenz, wie z.B. das Xpert Culture Communication Skills®-Programm des Bayerischen Volkshochschulverbandes (vgl. https://www.xpert-ccs.de). In besonderem Maße für interkulturelle Schulentwicklungsprozesse erwähnenswert scheint z.B. erstens die Möglichkeit, sich als Lehrkraft bei VIA Bayern e.V. selbst als interkulturelle/r Berater/in ausbilden zu lassen (vgl. Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) & VIA Bayern 2015). Zweitens bietet z.B. auch das Pädagogische Institut der Landeshauptstadt München eine Zusatzqualifikation „Schulen der Vielfalt“, die Lehrkräfte dabei unterstützt, mit migrationsbedingter Heterogenität professionell umzugehen sowie Unterricht und Schule entsprechend anzupassen und zu gestalten (vgl. http://www.pi-muenchen.de).
  • Involvierung der Menschen der Gemeinschaft: Oft zu wenig genutzt wird die nachhaltige Einbettung von externen Experten/innen und Eltern der sozialen Gemeinschaft in die Aktivitäten der Schule. Im Rahmen britischer Projekte zum „whole school“-Ansatz wurden hier positive Erfahrungen gesammelt (vgl. a. Hunt & King 2015), indem die Beteiligten die Erfahrungen ihrer spezifischen Biografien, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in den Schulalltag eingebracht haben. Schüler/innen können so einerseits v. a. wertvolle Kontakte und Einsichten in ein beruflich-gesellschaftliches Erwachsenenleben gewinnen und Erwachsene auch als Vorbilder in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen erleben. Nach einem aktuellen Bericht der Kultusministerkonferenz (2017, S. 3) werden in meisten Bundesländern bereits zwar viele Anstrengungen unternommen, um Eltern einzubinden (z.B. im Rahmen von Beratungsangeboten, interkulturellen Festen oder durch die Ausbildung von Elternmultiplikatoren/innen). Jedoch geschieht das kaum in systematischer oder gar flächendeckender Weise. Gerade aber auch die Einbindung von Eltern aus ökonomisch benachteiligten Verhältnissen zeitigte mehrfach positive Effekte (Ackeren 2008, S. 54).
  • Elternlotsen/lotsinnen: In einem Modellprojekt „Nürnberger Elternbüro - Schulerfolg und Teilhabe (NEST)“ (2011/12) durch die Stadt Nürnberg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pädagogik und Schulpsychologie wurden dauerhaft sogenannte „Elternlotsen“ zur Förderung der Kommunikation zwischen Eltern und Schule etabliert (vgl. Cyprian 2012). Diese haben einen Migrationshintergrund und fungieren als vermittelnde Schnittstelle für Schule und Eltern für alle möglichen schulischen Fragen. Die Erfahrungen zeigen die entlastende Wirkung ihrer Tätigkeit für den Schulalltag, große Fortschritte bei der Elternzusammenarbeit und beweisen die realistische Umsetzbarkeit des Projekts (vgl. Cyprian 2012, S. 9).
  • Internationaler Schüler/innen-Austausch: Kurz (2015) bedauert, dass Kooperationen und die Wahrnehmung der Ressourcen im Bereich des internationalen Austauschs von Schüler/innen viel zu wenig stattfinden. Internationale Austauschprogramme liefen an Schulen typischerweise nur über das Engagement von einzelnen Lehrkräften und die reichhaltigen Erfahrungen der Schüler/innen würden oft kaum ernsthaft wahrgenommen. Trotz der vielfältig vorhandenen Kooperationsmöglichkeiten mit den über 70 Organisationen, die Schüler/innen in Deutschland im Alter von 14 bis 18 Jahren einen Schulbesuch im Ausland ermöglichen, würde deren Knowhow von Seite der Schule nur wenig genutzt. Studien haben die vielfältigen, positiven Wirkungen eines Schüleraustauschs gezeigt, wie z. B. bzgl. des Schulerfolgs oder bzgl. des gesellschaftlichen Engagements der Rückkehrenden (vgl. (Hansel, 2008). Nach Kurz (2015, S. 258) aber sind es eher wenige Schulen, die dafür sorgen, dass ihren Austausch-Schüler/innen ein Forum gegeben wird, um ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen. Auch die Förderung von Besuchen ausländischer Schüler/innen stoße an vielen deutschen Schulen bedauernswerter Weise immer wieder auf Widerstand (ebd.).
Beispiel Münchner Bildungslokale

Ein Beispiel für eine städtische Bildungseinrichtung wären die sogenannten Münchner BildungsLokale der Stadt München, die mit ihrer Arbeit in verschiedenen Stadtteilen aktiv sind. Diese arbeiten mit anderen Partnern im Stadtteil, eben auch Schulen, zusammen und wenden sich mit allen möglichen Beratungs- und Bildungsangeboten an Bürger/innen jeden Alters wie z. B. PC-Kurse, Nachhilfeangebote, Bewerbungstrainings oder offene Lernwerkstätten (vgl. https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Bildung-und-Sport/bildungslokale.html)

Beispiel Kulturzentrum Gorod

Initiativen für Bildungsarbeit entstehen oft durch eigenständiges, bürgerliches Engagement - auch sie sind potenziell wertvolle Anlaufstationen für schulische Kooperationen. Geht es um interkulturelle Schulentwicklung, sind oft gerade jene Einrichtungen interessant, die in besonderem Maße eine interkulturelle Verständigungsarbeit im Blick haben. Ein Beispiel hierfür wäre das 2010 gegründete Kulturzentrum Gorod des Münchner Bezirks Sendling-Westpark, das durch ein Engagement einer deutsch-russischen Initiative entstand und sich zu einer vielfältigen Bildungseinrichtung gemausert hat. (http://www.kulturzentrum-gorod.de/de)

5. Externe Beratung / Begleitung

Auch wenn sich Schulen selbstständig um einen interkulturellen Entwicklungsprozess kümmern können, scheint doch die Heranziehung von externer Expertise auf verschiedenen Ebenen empfehlenswert. Auch hier sind viele eigenständige Wege denkbar, wie z.B. die Einbindung von Organisationsberatern/innen des freien Markts. Relevante und bewährte Möglichkeiten dürften folgende sein:

  • Berater/innen zur interkulturellen Schulentwicklung: Dem Bedarf an externer Beratung zur interkulturellen Schulentwicklung wird z.B. das Projekt WERTvoll MITeinander unter maßgeblicher Mitwirkung des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) und VIA Bayern gerecht, in dem auf Anfrage Berater/innen für Interkulturelle Schulentwicklungsprozesse vermittelt und ausgebildet werden (vgl. Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) & VIA Bayern 2015). Diese ausgebildeten Kräfte entlasten die Schulen bei einem interkulturellen Öffnungsprozess und bringen hierfür eine fachliche und methodische Expertise ein.
  • Universitäten: Die Bedeutung von kooperierenden Universitäten wurde bereits hervorgehoben. Sie spielen auch eine Rolle bei der möglichen Beratung und Begleitung interkultureller Schulentwicklungsprozesse. Gerade sie können Schulen im Rahmen von Projekten etc. mit ihrer Expertise zur Seite stehen. So ist z.B. dieses Web-Portal Teil des Kooperationsprojektes „Schule für alle“, bei dem gleich mehrere Universitäten partizipieren. Erste relevante Ansprechpartner sind an den Universitäten oft die (schul-) pädagogischen Institute, aber je nach Bedarf können auch Kontakte zu anderen Instituten wie die der Soziologie, Psychologie oder der Interkulturellen Kommunikation usw. sinnvoll sein.
  • Supervisionen: Prengel (2006, S. 195) und Barkmann (2016: 73 ff.) empfehlen die Durchführung von regelmäßigen Supervisionen, damit Lehrkräfte die anstrengenden Wandelprozesse eines interkulturellen Schulentwicklungsprozesses und auch den interkulturellen Schulalltag im Allgemeinen erfolgreich bewältigen können. In Bayern werden diese z.B. von der Staatlichen Schulberatung angeboten (vgl. http://www.schulberatung.bayern.de)
Checkliste - Außerschulische Kooperationen gestalten
  • Die Begriffe der kommunalen bzw. lokalen Bildungslandschaften bezeichnen das gesellschaftspolitisch gewollte Bestreben, die Schulen, aber auch andere Bildungsinstitutionen, im lokalen Umfeld mit anderen gesellschaftlichen Partnern und Partnerinnen zu vernetzen.
  • Typische Umsetzungsziele schulischer Kooperationen bestehen v.a. darin, Lernorte formaler Bildung mit nicht-formalen zu verbinden, Informationen auszutauschen, Ressourcen im Netzwerk zu nutzen und Familien stärker in den Bildungsprozess einzubinden.
  • Schulische Kooperationen sollten bei der Kooperationsarbeit auf Vielfalt achten sowie auf die Herstellung eines gemeinsamen Zielekorridors, strukturelle Rahmenbedingungen, die Wichtigkeit des intensiven Austauschs inkl. eines wertschätzenden Kommunikationsrahmens, die Qualitätssicherung und die Herstellung notwendiger Fähigkeiten und Fertigkeiten der Beteiligten.
  • Zu den relevantesten Akteuren schulischer Zusammenarbeit zählen z. B. andere Bildungsinstitutionen, die Landesjugendringe, Sozialpädagogen/innen und Sozialarbeiter/innen, die Universitäten, externe Fortbildungsanbieter, Menschen der Gemeinschaft, vermittelnde Elternlotsen oder die Institutionen des internationalen Schüler/innen-Austauschs.
  • Zur Herstellung von Kooperationen empfiehlt sich die Heranziehung von externer Beratung.

6. Stolpersteine und ideales Vorgehen bei Kooperationen

Externe Kooperationen bieten die Chance, vielfältige Ressourcen im Netzwerk zu nutzen und sind daher generell zu begrüßen. Gewarnt werden muss jedoch insbesondere vor der Gefahr, dass sich Lehrkräfte bei bestimmten Problemen nur noch auf ihre Kooperationspartner/innen verlassen, was etwa der Fall sein könnte, wenn z.B. bei schwierigen Elternkontakten nur mehr auf die Hilfe und das Handeln von Sozialarbeiter/innen gesetzt wird.

Im Allgemeinen dürften die größten Stolpersteine für außerschulische Kooperationen jedoch in folgenden Punkten liegen (vgl. Lubig-Fohsel & Müller-Boehm 2010, S. 44–45):

  • Kooperationen kosten Zeit und Mühe,
  • unsichere Finanzierung,
  • Personalwechsel,
  • ungenügende Raumsituation,
  • zusätzliche Arbeitsbelastungen der Lehrkräfte sowie
  • unterschiedliche Arbeitsweisen und -stile.

Lubig-Fohsel & Müller-Boehm 2010 skizzieren einen Vorschlag zur schrittweisen Etablierung einer externen Kooperation.

5-2-1

  1. Interessenbekundung: In einem ersten Schritt werden Informationen über mögliche Kooperationspartner/innen eingeholt und in Vorgesprächen Wünsche und Erwartungen formuliert;
  2. Interne Klärungsphase der Partner/innen: Gefragt wird hier auf beiden Seiten nach den eigenen Zielen und ihrer Übereinstimmung mit den Zielen der Kooperationspartner/innen, nach dem möglichen Zugewinn und den Formen und Kosten der Kooperation;
  3. Gemeinsame Klärungsphase: Im Rahmen von gegenseitigem Kennenlernen werden die Ergebnisse der internen Abstimmung vorgestellt und gemeinsame Ziel genauer erarbeitet, feste Ansprechpartner/innen benannt und erste organisatorische Maßnahmen festgelegt;
  4. Planungsphase: Die Zielgruppe und der Bedarf an organisationalem, rechtlichem und finanziellem Aufwand wird präzisiert (z.B. durch Einbindung der Wünsche aller Beteiligten, hinsichtlich inhaltlicher Anforderungen), erste Erfolgskriterien werden genauso benannt wie potenzielle Unterstützungsmöglichkeiten geprüft, Mitwirkende werden informiert und einbezogen, um Anregungen frühzeitig einzubeziehen;
  5. Kooperationsvereinbarung erstellen: Die Kooperationsvereinbarung legt bei größtmöglicher Transparenz für alle Beteiligten die gemeinsamen Zielsetzungen, Zielgruppe(n), Aufgaben, Zuständigkeiten, Finanz- und Personalressourcen, rechtlichen Rahmensetzungen, Arbeitsformen, Zeit- und Raumvorgaben sowie auch die Erfolgsfaktoren, die Ergebnissicherung und Evaluationsform fest;
  6. Kooperationsvereinbarung abschließen: Die Vertragsunterzeichnung sollte in einem angemessenen Rahmen und möglichst transparent erfolgen (z.B. über Wege der Elterninformation oder eine Pressekonferenz usw.);
  7. Kooperationsvorhaben umsetzen und evaluieren: Der Projektfortschritt sollte regelmäßig überprüft und dokumentiert werden, Hindernisse sollten beiderseits offen angesprochen werden und wertschätzend bearbeitet werden. Meilensteine sollten festgehalten werden und der Projekterfolg nach einem festgelegten Zeitplan entsprechend der im Vertrag ausformulierten Kriterien evaluiert werden.
Checkliste - Stolpersteine und ideales Vorgehen bei Kooperationen
  • Die Etablierung von Kooperation benötigt oft Zeit und Mühe - ihr Erfolg braucht einen langen Atem.
  • Probleme können sich v. a. ergeben durch eine unsichere Finanzierung, durch Personalwechsel, eine ungenügende Raumsituation, durch zusätzliche Arbeitsbelastungen der Lehrkräfte sowie durch unterschiedliche Arbeitsweisen und –stile der Beteiligten.
  • Es empfiehlt sich, an Kooperationen mit einem klaren Plan heranzugehen (z.B. nach dem Schema von Lubig-Fohsel & Müller-Boehm 2010) und diesen schrittweise zu bearbeiten.

Literatur

  • Ackeren, I. van (2008). Schulentwicklung in benachteiligten Regionen. Eine exemplarische Bestandsaufnahme von Forschungsbefunden und Steuerungsstrategien. In W. Lohfeld (Hrsg.), Gute Schulen in schlechter Gesellschaft. Schule und Gesellschaft. Band 40. (S. 47–58). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Barkmann, H. (2016). Interkulturelle Konflikte in der Schule. Methoden und Handlungsempfehlungen für Konfliktsituationen im Klassenzimmer. Hamburg: Diplomica Verlag.
  • Bleckmann, P. & Durdel, A. (Hrsg.). (2009). Lokale Bildungslandschaften. Perspektiven für Ganztagsschulen und Kommunen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Georgi, N. (2015). Netzwerke bilden – Kooperationen in der Bildungsregion. In A. Holzbrecher & U. Over (Hrsg.), Handbuch Interkulturelle Schulentwicklung (S. 217–225). Weinheim u.a.: Beltz.
  • Haag, L. (2015). Expertise zu interkultureller Öffnung und Schulentwicklung: aktueller Stand und Konsequenzen unter besonderer Berücksichtigung Bayerns. München: Landeshauptstadt München, Stelle für Interkulturelle Arbeit/ Sozialreferat.
  • Hunt, F. & King, R. P. (2015). Development Education Research Centre Research Paper No.13: Supporting Whole School Approaches to Global Learning: Focusing Learning and Mapping Impact. London: Development Education Research Centre.
  • Kurz, T. (2015). Experiment e.V.: Kooperationen als Win-win-Situationen. In A. Holzbrecher & U. Over (Hrsg.), Handbuch Interkulturelle Schulentwicklung (S. 255–260). Weinheim u.a.: Beltz.
  • Prengel, A. (Hrsg.). (2006). Pädagogik der Vielfalt. Verschiedenheit und Gleichberechtigung in Interkultureller, Feministischer und Integrativer Pädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Sigel, R. & Kahlert, J. (2006). Eine Stadt macht Schule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Stiftung Bildungspakt Bayern (2014). Leitlinien zur Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von Schule und Elternhaus. München: Stiftung Bildungspakt Bayern.

Internetquellen

⬅️ 5.1 Die Bedeutung von Kooperationen von Schule und Gesellschaft 6. Mit Eltern zusammenarbeiten ➡️