Fall 1.3 Impulse zur Falllösung: Handlungsoptionen
Fragestellung 1
Individuelle Ebene: Welche Handlungsoptionen wären für die Lehrerinnen und Lehrer möglich? Welche Maßnahmen könnten Schülerinnen und Schüler aus Übergangsklassen selbst ergreifen? Was könnten Schülerinnen und Schüler aus Regelklassen tun?
Lehrkräfte
- Gemeinsame Beratung: Der Ansatz der Lehrerinnen und Lehrer, sich im Rahmen einer Schulkonferenz Hilfe vom Kollegium zu holen und gemeinsame Lösungsvorschläge zu diskutieren, die an der ganzen Schule zur Anwendung kommen, ist sicherlich sehr sinnvoll. Im gemeinsamen Dialog werden verschiedene Perspektiven und individuelle Erfahrungen ausgetauscht, die zu konstruktiven Handlungsempfehlungen und Konzepten führen können.
- Einsatz der Schulleitung: Auch die Schulleitung ist gefragt, weil sie die erste Ansprechperson der Schule nach außen ist. Die Kooperationen mit externen Schulpartnerinnen und -partnern können eine gelingende Integration neuer Schülerinnen und Schüler unterstützen und begleiten.
- Sich weiterbilden: Einige Angebote und Beispiele, sich in diesem Kontext weiterzubilden, sind:
- Pädagogisches Institut, Referat für Bildung und Sport, Landeshauptstadt München:
- Zusatzqualifikation „Schule der Vielfalt“:
https://www.pi-muenchen.de/profil/wir-ueber-uns/fachbereiche/fachbereich-fachdienste/bereich-politische-bildung/programm-schule-der-vielfalt/
- Zusatzqualifikation „Schule der Vielfalt“:
- Universitäten (Bsp. Ludwig-Maximilians-Universität München)
- Deutsch als Zweitsprache als Erweiterungsfach:
https://www.germanistik.uni-muenchen.de/studium_lehre/studiengaenge/lehramtmodularis/ddaz/index.html - Fortbildungen des Münchner Zentrums für Lehrerbildung (MZL):
http://www.mzl.uni-muenchen.de/mzl/index.html
- Deutsch als Zweitsprache als Erweiterungsfach:
- Bestehende Hilfssysteme nutzen:Das Hauptproblem der Lehrerinnen und Lehrer in der geschilderten Situation besteht darin, dass sie sich durch die veränderten Anforderungsbedingungen überfordert oder zumindest herausgefordert fühlen. Im Folgenden sind einige Möglichkeiten skizziert, wie durch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen eine Entlastung Lehrender möglich ist:
- Additive Förderung: Da an den Mittelschulen bereits Freiräume für fachlichen Förderunterricht und klassenübergreifende Stütz- und Förderkurse vorhanden sind, können diese die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen und entlasten. Auch externe Partnerinstitutionen können und sollten einbezogen werden, z. B.:
- Verschiedene individuelle Sprachförderangebote durch externe Stellen und Personen (zum Beispiel Nachhilfe durch Lehramtsstudierende, Angebote von „Schule für Alle“)
- Sprachpatenschaften für Kinder aus Übergangsklassen (zum Beispiel Lichterkette e.V.)
- Ehrenamtliche Unterstützung bei Beratungs- und Elterngesprächen (zum Beispiel durch das ehrenamtliche Projekt „BildungsBrückenBauen“)
- Online-Materialien für die Lehrerinnen und Lehrer
Auf dieser Seite sind Materialien bereitgestellt, die speziell für den Unterricht in Übergangsklassen entwickelt wurden, sich aber auch eignen, um Schülerinnen und Schülern, die in die Regelklasse kommen, zusätzliches Arbeitsmaterial zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse zur Verfügung zu stellen. Auf der Seite werden auch Apps vorgestellt, die sich die Schülerinnen und Schüler auf ihre Smartphones laden können, um Deutsch zu lernen.
Es gibt inzwischen auch Internetplattformen, die speziell Material und Hilfestellungen zur Verfügung stellen, die auf die Thematik Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung eingehen. Hierbei ist die folgend aufgeführte Broschüre des ISBs zur nennen. Das ISB hat für konkrete Fragen bezüglich der Beschulung von zugewanderten Kindern und Jugendlichen auch eine Plattform für Lehrkräfte zur Verfügung gestellt, auf der Fragen aus der Praxis beantwortet werden können.
- Broschüre des ISB zum Umgang mit geflüchteten Kinder:
http://daz.alp.dillingen.de/index.php/grundlagen/2015-04-23-09-15-10/ankunft
http://www.isb.bayern.de/download/16080/willkommenskultur.pdf
- Institut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB):
https://www.isb.bayern.de/schulartuebergreifendes/schule-und-gesellschaft/migration-interkulturelle-kompetenz/fluechtlinge/
- Auch das Kultusministerium bietet auf seiner Internetseite Ressourcen für Lehrerkräfte an (Materialkoffer, Leitfäden, Links, etc.):
https://www.km.bayern.de/lehrer/unterricht-und-schulleben/integration-und-sprachfoerderung.html
Schülerinnen und Schüler aus Übergangsklassen
Auf die Schülerinnen und Schüler aus der Übergangsklasse kommt sicherlich keine leichte Aufgabe zu. Dennoch gibt es auch für sie Schritte, die sie unternehmen können, um in die neue Klassengemeinschaft aufgenommen zu werden. Wichtig wäre zum Beispiel, dass sie sich nicht vor ihren Mitschülerinnen und Mitschülern verschließen, sondern offen auf diese zugehen, sich beispielsweise auf Gesprächsangebote einlassen. Hier können ihnen weitere Mitglieder der Schulfamilie zur Seite stehen.
Schülerinnen und Schüler aus Regelklassen
Die Schülerschaft aus der Regelklasse kann auf verschiedene Art und Weise dazu beitragen, dass sich die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler willkommen geheißen fühlen. Vorstellbar wäre, dass sich zum Beispiel einige Schülerinnen und Schüler dazu bereiterklären, ihren neuen Mitschülerinnen und Mitschüler als Ansprechpersonen zur Verfügung zu stehen. Darüber hinaus ließen sich wichtige Mitschriften und Unterrichtsmaterialien für die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler kopieren, um diesen zu einem Überblick über den Unterrichtstoff zu verhelfen. All dies sollte von der Klassenleitung initiiert und angeleitet werden. Schülerinnen und Schüler in der Klasse sollen auf die Aufnahme neuer Jugendlicher in die Klasse vorbereit werden.
Speziell mit Blick auf sprachliche Integration bieten Partnerschaften zwischen sprachlich stärkeren und schwächeren Schülerinnen und Schülern für beide Parteien eine gute Chance, Stoff zu wiederholen, zu vertiefen und das Klassenklima zu stärken.
Fragestellung 2
Strukturelle Ebene: Welche Lösungen wären aus Ihrer Sicht auf der institutionellen Ebene (einzelne Schulen sowie Schulbildungssystem im Allgemeinen) notwendig?
Verankerung von DaZ (Deutsch als Zweitsprache)- und Mehrsprachigkeitsförderung auf struktureller Ebene
Das Beherrschen der deutschen Sprache auf einem höheren Niveau ist momentan Voraussetzung, um am deutschen Bildungssystem teilnehmen zu können. Um Teilhabe zu gewährleisten, bestehen in Form von Übergangsklassen und Sprachförderkursen bereits umfangreiche Fördermaßnahmen. Ein weiteres Ziel könnte darin liegen, Sprachförderung mehr in den Regelunterricht einzubetten (und schrittweise "Sprache im Fach" einzuführen und zu praktizieren), um Schülerinnen und Schüler mehr in Kontakt zu bringen. Dabei sollten verschiedenen Mutter- bzw. Herkunftssprachen nicht aus den Augen verloren werden, sondern Wertschätzung erfahren. Schülerinnen und Schüler sollen sich weiterhin mit diesen identifizieren dürfen. Vorstellbar und auch auf der Ebene der einzelnen Schulen realisierbar wären hierbei u. a. verschiedene Sprachwahlfächer in den jeweiligen Mutter - bzw. Herkunftssprachen.
Curriculare Änderungen
Eine Anpassung der Lehrpläne Deutsch als Zweitsprache an die entsprechenden Jahrgangsstufenlehrpläne könnte in Betracht gezogen werden, um die Übergänge zu erleichtern. Dabei sollten allerdings die grundlegenden lexikalischen, grammatischen, stilistischen etc. Kompetenzen berücksichtigt werden, damit die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, sich in allen Lebensbereichen zu verständigen. Hier ist Lebens- und Alltagsweltbezug essentiell für eine umfassende Teilhabe der Kinder und Jugendlichen am sozialen Leben. Eine Chance, den akademischen Erfolg der Schülerinnen und Schüler zu verbessern und Anerkennung ihrer Kompetenzen zu fördern, bietet eine stärkere Berücksichtigung lebensweltlicher Mehrsprachigkeit - z. B. im Rahmen eines entsprechend ausgerichteten Konzepts für integrierte Sprachbildung oder die Ausweitung des "Muttersprachlichen Unterrichts" zu einem Unterrichtsangebot für alle Schülerinnen und Schüler (vgl. Krumm/Reich 2011). Damit die lebensweltliche Mehrsprachigkeit als Kompetenz anerkannt wird, sollte diese gerade auch bei der Leistungsbeurteilung berücksichtigt werden, z. B. indem Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit erhalten, Abschlussprüfungen in der Muttersprache abzulegen.
Bereitstellung von Ressourcen
Lehrkräfte haben den verantwortungsvollen Auftrag, neben den Eltern für die Erziehung ihrer Schülerinnen und Schüler zu sorgen. Dafür sollten allen Lehrerinnen und Lehrern die entsprechenden materiellen, zeitlichen und räumlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Und auch bei den beständigen Wanderungsprozessen und den daraus hervorgehenden gesellschaftlichen Veränderungen, die auch Veränderungen für die Schule mit sich bringen, sollten Lehrkräfte nicht allein gelassen werden, wie es in der oben beschriebenen Situation der Fall zu sein scheint.
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